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Im Interview: Philipp Mainzer von e15

Designer

Material Man: e15 Gründer Philipp Mainzer

Er gründete im Studentenalter mit e15 ein Designbüro in London, das zu einem Unternehmen mit 500 Händlern weltweit heranwuchs: Philipp Mainzer. Wir von AmbienteDirect haben den Architekten und Designer getroffen und somit einen Blick hinter die Fassaden des erfolgreichen Möbelherstellers geworfen.

 

Der Name e15 basiert auf der Postleitzahl des ersten Studios in London. Inwieweit war die Zeit in dieser Metropole stilbildend und –prägend?
Es wäre gelogen, wenn ich sagen würde, dass London mich stilistisch nicht beeinflusst hätte. Ich habe dort fast acht Jahre gelebt und Design und Architektur studiert. Das kreative Umfeld ist unermesslich und bietet Inspirationen jeglicher Art. Letztendlich muss man seinen Stil aber selbst aus einer tiefen Überzeugung entwickeln. Das hat nicht immer unbedingt etwas mit Inspirationen zu tun. Für e15 war allerdings auf jeden Fall der industrielle Charakter Ostlondons mit seiner unverfälschten Ehrlichkeit sehr prägend. Der findet sich auch heute noch in den Entwürfen wieder. Deswegen auch der Name e15.

E15 steht für eine Vorreiterschaft im Gebrauch von Massivholz in seiner reinsten Form. Was macht dieses Material so besonders?
Massivholz wird seit tausenden von Jahren für die Herstellung von Möbeln eingesetzt. Es ist also ein „gelerntes“ Material, welches sich aber immer wieder von neuen Seiten zeigt. Es hat hervorragende konstruktive Qualitäten und verbindet einzigartig traditionelles Handwerk mit industriellen Ansätzen. Massivholz ist mit seiner warmen Ausstrahlung aus einem gut gestalteten Wohnbereich nicht wegzudenken. Vor allem die europäische Eiche zeichnet sich durch eine unvergleichbare Maserung und Färbung aus, die man bei keinem anderen Massivholz findet. Bei e15 betonen wir gerade diese Qualitäten, indem wir auch Details wie Risse und Astlöcher zeigen, die andere Hersteller gerne vermeiden. So bietet uns der Rohstoff Holz das Vokabular, unseren ehrlichen Gestaltungsansatz zu formulieren.

 

 

Gibt es ein Material, an dem Sie bisher gescheitert sind?
Jedes Material bringt immer wieder neue Herausforderungen mit sich. Aber gescheitert sind wir noch nicht. Manchmal merkt man im Zuge der Entwicklung aber, dass das ausgewählte Material vielleicht doch nicht das richtige ist. Wir lieben aber die Herausforderung, wodurch die e15-Philosophie nicht unwesentlich geprägt wird. Wie kaum ein anderes Unternehmen setzen wir uns mit unterschiedlichsten Themen und Materialien auseinander. Von Möbeln über Accessoires zu Leuchten; von Massivholz über Stahl und Aluminium bis zu Polster. Wir versuchen ständig, über den Tellerrand zu gucken.

 

Unter dem Namen „Philipp Mainzer – Office for Architecture and Design“ realisieren Sie Design- und Architekturprojekte unterschiedlichster Art – von einem 12-stöckigen Wohngebäude in Taipeh bis zur Ausstattung eines Pastrami-Delis in Berlin-Kreuzberg, von Kunden wie der Kosmetikmarke Aesop bis zum Ginhersteller Monkey 47. Was muss ein Projekt mitbringen, damit Ihre Neugierde geweckt wird?
Wie auch bei der Produktentwicklung von e15 schätzen wir in unserem Planungsbüro die Vielfalt von unterschiedlichen Projekten. Das inspiriert uns und fördert unsere Kreativität. Ein gutes Projekt braucht viele passende Zutaten. Dazu gehört neben dem Architekten genauso der Bauherr. Generell ist es immer wichtig, dass der Bauherr einen hohen Anspruch an die Qualität der Gestaltung und Ausführung hat. Wenn das gegeben ist, dann kann auch das kleinste Projekt ein sehr besonderes Ergebnis produzieren. Und das ist immer unser Ziel.

 

Von London nach Frankfurt Seckbach, also eine eher ländliche Gegend. Wie kommt es zu diesem Location-Switch?
Das war damals eine praktische Entscheidung. Die Fertigung in London hat zu viele Probleme mit sich gebracht. Frankfurt liegt im Herzen Europas, das ist für uns als Unternehmen nicht nur aus logistischer Sicht ein erheblicher Vorteil. Viele hervorragende Lieferanten sind im Umkreis ansässig, und auch Kunden erreichen wir schnell und unkompliziert. An unserem Campus in dem historischen Industriegebiet von Seckbach vereinen wir Büro, Logistik und Showroom. Hier haben wir einen Ort gefunden, der uns kreative Freiheit bietet und uns inspiriert. Das Umfeld erinnert mich sogar manchmal an Ostlondon.

Esstisch mit Stühlen und Hocker
Skizze
Moderne Fassade
Drei Beistelltische
e15 Architektur
e15 Marmor

Wie erklären Sie sich die Veränderung von einem zu Studentenzeiten gegründeten Design-Studio zu einem Unternehmen mit 500 Händlern weltweit – die Folge einer langfristig geplanten Strategie und Können oder hat eine solche Entwicklung auch mit Glück zu tun?
Damals hat sich alles aus einem reinen Bauchgefühl entwickelt. Anstatt Strategie gab es den festen Glauben an eine Idee. In dieser Zeit bestimmte ein unterkühlter Minimalismus das Möbeldesign. Wir entwarfen Möbel, die zwar auch puristisch waren, aber gleichzeitig eine große Wärme ausstrahlten. Damit haben wir einen Nerv getroffen, der bis heute noch für e15 relevant ist. Das ist unser „roter Faden“, dem entsprechend wir das Unternehmen weiterführen. Manchmal ist bestimmt auch Glück dabei, aber wichtiger ist Können und vor allem Ausdauer.

 

Schon jetzt können Sie in Ihrem Angebot auf jede Menge Klassiker verweisen. Was muss ein Produkt mitbringen, um zeitlos zu sein?
Ja, der Backenzahn ist ein echter Designklassiker, der auch in verschiedenen Museumskollektionen vertreten und wahrscheinlich bekannter ist als die Marke e15. Wenn ich wüsste, was man braucht, um einen Designklassiker zu schaffen, dann müsste ich wahrscheinlich nicht mehr arbeiten. Aber rückblickend war es bei Backenzahn, Bigfoot, Houdini so, dass wir an eine neue Materialität oder Technik geglaubt haben, die in der Form bis dato nicht verbreitet war. In Kombination mit einer ausgewogenen Gestaltung ist es uns dann gelungen, dass diese Produkte sich nachhaltig als Klassiker durchgesetzt haben. Gleichzeitig stehen sie zu 100 Prozent für e15 und spiegeln unsere Haltung wider.

 

Ihre Frau hat vor ihrer Tätigkeit als Art Director bei e15 ein eigenes Modelabel geführt. Inwieweit fließt diese Historie in die Designs mit ein?
Mit Farah teile ich viele gemeinsame Interessen. Unsere Arbeit ist unser Hobby, und wir tauschen uns ständig über kreative Themen aus. Aus gemeinsamen Reisen ziehen wir unsere Inspirationen. Aber natürlich hat auch der Mode-Hintergrund von Farah mich und e15 stark beeinflusst. Auf diese Weise hat sich unser ganzheitlicher Ansatz gefestigt, in Bezug auf Gestaltung, aber auch in Hinblick auf unser Marketing. Ich habe dabei viel gelernt, und für e15 wurden dadurch weitere Ebenen geschaffen, die unseren gestalterischen Ansatz ergänzen. Das äußert sich in unserer Kommunikation, unserer Fotografie und darin, wie wir unsere Kooperationspartner auswählen.

Architektur, Mode, Design, Kunst – welche Einflüsse finden sich noch in Ihren Designs wieder?
Eigentlich gucke ich fremdes Produktdesign nur unter dem Aspekt der Wettbewerbsanalyse an. Das inspiriert mich aber fast nie. Wirkliche Inspiration ziehe ich aus anderen Kulturen, weil hier oft Funktionen, Konstruktionen und Materialien anders gedacht und eingesetzt werden. Wenn man diese in unsere Welt überträgt, dann können neue Ansätze entstehen, die über das pure Gestalten hinausgehen und wirkliche Neuerungen entstehen lassen. Etwas Ähnliches kann man erleben, wenn man sich Kunst ansieht, die frei jeglichen funktionellen und konstruktiven Anforderungen geschaffen wird, mit dem einzigen Ziel ihre Aussage zu formulieren. Das liefert immer wieder neue Denkansätze für Design und Architektur. Aber das sind alles oberflächliche Ansätze. Letztendlich ist Gestaltung eine Haltung, die nur aus einem selbst kommen kann.

 

Welche Bedeutung kommt dem Thema Farbe bei Ihren Entwürfen zu?
Farbe kann einen starken gestalterischen Effekt haben. Sie kann aber auch schnell saisonal wirken. Für mich persönlich steht im Vordergrund, dass ein Entwurf eine grundsätzliche Aussage hat, die nicht immer nur etwas mit Gestaltung zu tun haben muss. Wichtig ist eine hervorragende Qualität von Material und Fertigung, kombiniert mit einer ehrlichen Konstruktion. Wenn die Proportionen mit den verwendeten Materialien im Einklang stehen, dann kann Farbe ein ergänzendes Momentum schaffen. Dieses muss dann aber sehr bewusst eingesetzt werden.

 

Welchen Ratschlag würden Sie heute jemandem geben, der sich im Bereich Interieur-Design behaupten möchte?
Es ist wichtig, dass man eine Haltung hat und diese auf alle gestalterische Elemente reflektiert. Und egal was kommt, man darf nie aufgeben, daran zu glauben.